Bühne/Kostüme: Stephan Mannteuffel • Musikalische Leitung: Ulrich Nolte • Dramaturgie: Viktoria Klawitter

Regisseur Alexander Schilling entstaubt den modernen Klassiker und aktualisiert ihn.

Brechts Schauspiel kreist um große Menschheitsthemen: Der unbändige Forscherdrang ist eines davon. Daneben geht es um die Schwächen des Menschen, seine Korrumpierbarkeit, seine Herrschsucht, um die Existenz Gottes, die Suche nach einer objektiv belegbaren Wahrheit, den Machtmissbrauch der Kirche, die Unabhängigkeit der Wissenschaft, das Ständewesen, die Durchkommerzialisierung einer merkantilen Gesellschaft, Redeverbote, Denkverbote, und, und, und. Nicht genug damit, aktualisiert Schilling das Schauspiel, indem er das Auseinanderdriften in unserer modernen Welt aufgreift und gleichzeitig den Wert des Fortschritts in Frage stellt. Zehn Statisten aus aller Herren Ländern, auf Kaiserslauterns Straßen rekrutiert, „unterbrechen“ in diesem Sinne das eigentliche Schauspiel und stellen in einem Exkurs Fragen nach Bildung, sauberem Wasser, Gesundheit, Sicherheit, Frieden, fairem Handel – bis sie vom Ordnungsdienst entfernt werden. Das Dilemma unserer globalisierten Welt, die unter dem Diktat des Kapitalismus’ zunehmend in Arm und Reich auseinanderdriftet, wird augenfällig. 

Henning Kohne als Galileo verleiht dem Astronomen eine bemerkenswerte Vielschichtigkeit: So lässt er ihn zwischen kompromisslosem Forscherdrang und menschlichen Schwächen changieren, zeigt ihn zwischen Skrupellosigkeit und Menschlichkeit in all seiner Widersprüchlichkeit. Den Gipfel stellt ein großartig ausgespielter, visionärer Monolog zum Ende des Stückes hin dar, in dem ein alter, halb erblindeter und gebrochener Galilei die Grenzen der Forschung erkennt: „Der Fortschritt schreitet von der Menschheit fort.“ Auch die anderen, an die 20 Rollen sind glänzend besetzt – vom kleinen Andrea (Franz Seeliger) bis zu dessen Mutter (Hannelore Bähr), vom Galilei-Vertrauten Federzoni (Reinhard Karow) bis zum Kleinen Mönch (Markus Penne). Sie spielen auf einer kühlen, technoiden Bühne (Stephan Mannteuffel, auch Kostüme), die von einem Turmgerüst beherrscht wird. Darauf geht es ständig bergauf und bergab, das Oben und Unten in der Gesellschaft lässt sich hier trefflich demonstrieren.

Fazit: eine sehenswerte Produktion. Denn sie liefert Denkanstöße en masse und legt den Finger in die Wunden unserer Zeit, indem sie das ausspricht, was wir alle längst vermuten – der Fortschritt hat seine Grenzen, kennt sie jedoch leider oftmals nicht.

Fabian R. Lovisa, Die Rheinpfalz

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LEBEN DES GALILEI Pfalztheater Kaiserlautern bringt Stück von Bert Brecht sehenswert auf die Bühne […] Neben Stephan Manteuffels grandiosem Bühnenbild, das die riesige Kuppel eines Observatoriums aus Leitern und Gittern vor nachtblauem Sternenhimmel zeigte und zu vielen Deutungsmöglichkeiten anregte, war dies vor allem der souveränen, einfallsreichen Regieführung Alexander Schillings zu verdanken, dem reizvollen Einsatz des jungen Vokalensembles, das in immer neuen Konstellationen die von Hanns Eisler vertonten Kommentare sang, und dem eindringlichen Spiel der Schauspieler.

Ulrike Schäfer / Wormser Zeitung

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Fotos

Darsteller

Dominique BalsHannelore Bähr, Jonas Beinhardt, Anggana Putra Ciremay, Richard Erben, Günther Fingerle, Mentari Harmaini, Olivia Iswara, Reinhard Karow, Henning Kohne, Thomas Kollhoff, Jan Henning Kraus, Tim Kuhr, Annalena Loretta Müller, Maurice Nsanzamahoro, Courtney Otis, Markus Penne, Fernandos Ricardo, Franz Seeliger, Egide Sibomana, Moses Sihombing, Luis Torres

Kinderchor des Pfalztheaters Kaiserslautern